Sprechstundenfrage

ASS: Wegen möglicher Nebenwirkungen nicht dauerhaft einnehmen?

Auch wenn ASS bei Herzkrankheiten vergleichsweise niedrig dosiert wird (z. B. 100 mg pro Tag), kann die Einnahme ernsthafte Nebenwirkungen verursachen. Nicht überraschend wird daher in der Herzstiftungs-Sprechstunde häufig die Frage gestellt, ob eine lebenslange Einnahme von ASS wirklich notwendig ist oder ob das Medikament irgendwann wieder abgesetzt werden kann.

Die Sprechstundenfrage im Wortlaut:

Ich habe eine koronare Herzerkrankung (Stent im Jahre 2003, jetzt stabil) und nehme daher täglich Medikamente (Candesartan plus Diuretikum; Atorvastatin; Aspirin protect: 100 mg). Ich bin 73 Jahre alt. Im September 2015 veröffentlichte die „Süddeutsche Zeitung“ einen Artikel „Wie viel darf's denn sein?“ zum Thema „Einnahme von ASS und Nebenwirkungen”. Es geht in dem Artikel um das Thema ASS als Vorbeugung gegen Herzkrankheiten. Dennoch frage ich mich, ob tatsächlich die lebenslange Einnahme von ASS, wenn man einen Stent hat, in älteren Lebensjahren nach wie vor unerlässlich ist. Der Artikel weist auf das Blutungsrisiko vor allem im Magen-Darm-Trakt hin und hält die Einnahme von ASS zur Vorbeugung für sehr problematisch. Gilt diese Aussage nur für die Vorbeugung, nicht aber für Herzpatienten, z. B. mit einem Stent? Wie soll ich mich am besten verhalten? (Edith D., Paderborn)

Experten-Antwort:

Bei Ihnen besteht eine koronare Herzkrankheit, ein Stent wurde im Jahr 2003 eingesetzt. Seit dieser Zeit nehmen Sie täglich Medikamente ein. Sie fragen, ob die Einnahme von ASS (=Acetylsalicylsäure, in Ihrem Fall in der Form von Aspirin protect) auf Dauer sinnvoll ist, weil Blutungen auftreten können.

In der Tat ist ASS nicht so harmlos, wie man bei der niedrigen Dosis denken könnte. Insbesondere Magenblutungen können auftreten. Dennoch ist in Ihrer Situation die lebenslange Einnahme von täglich 100 mg ASS unerlässlich, um die Bildung von Blutgerinnseln in den Herzkranzgefäßen zu hemmen. Nur so kann ein gutes Langzeitergebnis nach Einsetzen eines Stents gesichert werden. Wichtig zu wissen ist, dass alle kardiologischen Fachgesellschaften bei einer koronaren Herzkrankheit grundsätzlich zur lebenslangen Einnahme von ASS raten.

Empfehlung: Auf Magenschutz achten

Sollten Sie einen empfindlichen Magen-Darm-Trakt haben, können Sie durch magenschützende Medikamente (insbesondere Protonenpumpenhemmer) die Blutungsneigung vermindern, worauf Sie Ihren Arzt ansprechen können. Diese Zusatz-Medikation hat sich noch besser bewährt als der Wechsel zu Clopidogrel 75 mg, das ansonsten als Alternative zu ASS in Frage kommt.

Anders sieht es aus, wenn ASS nicht von Herz- oder Gefäßkranken, sondern von Gesunden eingenommen wird, die sich dadurch vor einem Herzinfarkt schützen wollen. Vor allem in den USA ist ASS so populär, dass es dort über 40 % der Bevölkerung einnehmen. Der Effekt von ASS ist bei Gesunden aber so gering, dass der Schaden durch das Blutungsrisiko den Nutzen überwiegt. Die Einnahme von ASS wird daher sowohl in den amerikanischen als auch europäischen Leitlinien zur Vorbeugung für Gesunde nicht empfohlen. Nur bei sehr hohem Herz-Kreislauf-Risiko kann sich im Einzelfall der behandelnde Arzt dazu entschließen, Menschen auch ohne koronare Herzkrankheit (oder eine andere Gefäßerkrankung) ASS zu verordnen.

Experte

Prof. Dr. med. Thomas Voigtländer
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